In dieser Serie beschäftigen wir uns mit den Chancen von neuen Züchtungstechniken wie CRISPR-Cas9 für eine progressive Agrarwende. Wir sind davon überzeugt, dass die Vorteile solcher neuen Technologien genutzt werden sollten, um eine umweltfreundlichere und sozialere Landwirtschaft zu gestalten. Im ersten Teil wird es um die Grundlagen von CRISPR-Cas9 gehen: wo kommt dieses CRISPR her und wie funktioniert es? Im zweiten Teil wollen wir diese neue Technologie in den Kontext von Pflanzenzüchtung bringen: Wie wurde früher gezüchtet, wie heute? Im dritten Teil wollen wir untersuchen, ob die Ziele des Ökolandbaus und neue Züchtungsmethoden ein Widerspruch oder vielleicht sogar eine gute Kombination sind.
Was ist CRISPR/Cas?
CRISPR/Cas ist ein natürlicher Mechanismus, um DNA, also das Erbgut von Lebewesen, zu verändern. Entstanden ist es auf natürliche Weise in Bakterien. Wie höhere Lebewesen können auch Bakterien krank werden. Die Krankheitserreger heißen hier Phagen, sie ähneln den Viren, die uns Menschen zum Beispiel mit Erkältungen heimsuchen. Phagen und andere Viren sind nichts anderes als Erbgut-Lieferanten. Sie schleusen ihr eigenes Erbgut in andere Zellen ein und übernehmen die Kontrolle.
Die Zellen überleben das meistens nicht. Wir Mehrzeller können den Verlust von ein paar Zellen ganz gut verkraften. Bakterien sind aber Einzeller. Sie haben nur die eine Zelle – und daher auch keine Immunzellen die sie schützen, so wie wir. Die Bakterien mussten daher einen Weg finden, sich zu wehren. Und genau das ist CRISPR.
CRISPR/Cas kann virale DNA erkennen und eliminieren. Es merkt sich die fremde DNA, indem es kleine Stücke davon im Erbgut des Bakteriums abspeichert.
Daraus produziert das Bakterium Sonden (die revers-komplementäre Form des DNA-Abschnitts), die virale DNA aufspüren können. Bindet die Sonde an die virale DNA, kommt Cas ins Spiel. Cas ist eine Gruppe zellulärer Scheren, die die virale DNA zerschneiden. Dadurch wird sie unschädlich gemacht. Cas kann immer nur dort schneiden, wo die Sonde gebunden hat. Die Sonden erkennen nur das virale Erbgut. So stellt das Bakterium sicher, dass die eigene DNA geschützt ist und nur die virale DNA zerschnitten wird.
Wie nutzt man CRISPR/Cas bei der Genomeditierung?
Es gibt zwei Hauptmerkmale, die CRISPR/Cas so unglaublich nützlich machen. Zum einen erkennt CRISPR sehr genau Abschnitte in der DNA. Zum anderen schneidet Cas genau an diesem Abschnitt den DNA-Strang entzwei. Diese Mechanismen können genutzt werden, um die DNA zu verändern – also zur „Genomeditierung“. CRISPR/Cas kann dabei in allen Zellen – von Bakterien, Pilzen, Pflanzen, Tieren und Menschen – eingesetzt werden.
Das CRISPR/Cas-System muss dazu in die Zellen eingeschleust werden. Das geht auf unterschiedliche Weise, zum Beispiel biochemisch durch Salze, es können jedoch auch Chemikalien oder gar Viren benutzt werden. Wichtig ist, dass die Erkennungs-Sonde mitgeliefert wird, die sog. guideRNA. Wie im Bakterium kann auch in anderen Zellen Cas nur dort schneiden, wo die Sonde es vorschreibt. Ist dieser Schnitt geschehen, greift man auf die Werkzeuge in der Zelle zurück.
Die Gen-Schere
Durch die Schnitte in der DNA entsteht ein Bruch. DNA-Brüche kommen in der Zelle täglich vor, daher hat diese Vorkehrungen getroffen, um sie zu reparieren. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten: Einen, bei dem recht häufig Fehler entstehen und einen sehr sicheren und genauen Weg.
Bei der ersten Variante, dem „Nichthomologen Endjoining“ (NHEJ) wird der durchschnittene DNA-Strang einfach wieder zusammengeklebt. Dabei kann es passieren, das Information entfernt oder Unsinns-Information eingefügt wird. Das verändert das Gen an dieser Stelle. Unter Umständen wird das Gen so ganz ausgeschaltet.
Diese Methode wird im Labor sehr gerne angewendet, um Gene stillzulegen. Wenn man ein Gen stilllegt, kann man herausfinden, wozu es eigentlich da ist.
Man kann aber auch eine Korrekturvorlage mitgeben. Die Reparaturwerkzeuge unserer Zellen können nämlich Vorlagen einbauen. Bei der Homologen Rekombination sucht die Zelle nach einem intakten Stück der DNA und kopiert dieses ein. Da bei uns das Erbgut doppelt parat liegt, wir also quasi eine Sicherheitskopie haben, sucht die Zelle einfach nach dieser Kopie. Im Labor können wir dies ausnutzen und der Zelle direkt eine „falsche“ Kopie mitgeben. Diese haben wir nach unseren eigenen Wünschen verändert. Die Zelle übernimmt diese Vorlage sehr gerne und baut die etwas veränderten Informationen ein.
Das bedeutet, wir können Erbgutveränderung nachbauen, um zu schauen, wie sich diese auswirken. Das können wir unter Laborbedingungen in Zellen tun, aber auch in Versuchstieren. Wir könnten aber auch Erbgutveränderung wieder korrigieren. Menschen, die eine Erbkrankheit haben könnten so behandelt werden. Bei einigen Erkrankungen ist man da auch schon sehr weit.
CRISPR/Cas – ein natürliches System
Da die DNA ständig Brüche erleidet sind die beiden Reparaturmechanismen auch ohne CRISPR/Cas stets im Einsatz sind. Dabei können immer Fehler passieren, d.h. es treten immer wieder Erbgutveränderungen auf. Die durch CRISPR/Cas entstandenen Erbgutveränderungen lassen sich nicht von den natürlichen unterscheiden. Mit CRISPR/Cas erhöhen wir nur enorm die Wahrscheinlichkeit, dass diese auftreten und können beeinflussen wie sie geartet sind.
Mit neuen Methoden der Genanalyse können wir die DNA danach auslesen und sehen, ob die Veränderung auch tatsächlich korrekt eingefügt wurde.
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