Landwirtschaft in Brettspielen

Ressourcen geschickt einsetzen, um unter den gegebenen Umständen möglichst viel zu ernten: diese Beschreibung trifft sowohl auf die Landwirtschaft als auch auf viele Brettspiele zu. Aber manche Brettspiele widmen sich sogar ganz konkret dem Thema Landwirtschaft. Weil mich beides begeistert, Landwirtschaft und Brettspiele, bin ich auf die Suche nach solchen Spielen gegangen (online und in meinem Regal) und möchte meine Begeisterung in diesem kurzen Beitrag mit euch teilen. Dabei werde ich keine erschöpfenden Regelerklärungen liefern, das können andere viel besser (am Ende des Beitrags verlinke ich einige Videos). Ich habe drei Spiele herausgespickt, deren Autoren jeweils einen anderen Bereich der Landwirtschaft als Szenerie gewählt haben. Sie vermitteln landwirtschaftliche Zusammenhänge und Prozesse unterschiedlich gut, sind meiner Meinung nach aber alle dafür geeignet, um Jung und Alt das Thema näher zu bringen. Alle drei Spiele sind nicht zu komplex. also auch gut für Brettspiel-Einsteiger geeignet. Ich hoffe ihr habt Spaß beim Lesen und findet vielleicht sogar Inspiration für den einen oder anderen Spieleabend.

Agricola

Eines der inzwischen schon betagteren Spiele, das sich voll und ganz der Landwirtschaft widmet, ist Agricola (ja mit „g“ und völlig koffeinfrei). 2007 war das Spiel eine gefeierte Neuheit und inzwischen ist es ein immer noch sehr beliebter Klassiker. Bei Agricola führt jeder Spieler und jede Spielerin einen eigenen Bauernhof und muss mit einer begrenzten Anzahl von Aktionen die zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte geschickt einsetzen. Um den Hof mit Äckern, Weiden und Räumen zu erweitern, Felder zu bestellen, Saat auszubringen, zu ernten und Tiere zu vermehren. Und dabei muss man gleichzeitig stets die Nahrungsversorgung des Personals im Blick behalten! Es ist also eine Mischung aus Erhalt des Bestehenden und Investition in Erweiterung.  Man hat ständig das Gefühl, viel zu wenig Zeit, Ressourcen und helfende Hände zur Verfügung stehen zu haben. Gute Planung ist alles. Und ein wenig Glück. Ziemlich genau so stelle ich mir als Städter die Arbeit in der Landwirtschaft vor. Bei Agricola passen Spielgefühl und Thema also sehr gut zusammen. Und die kleinen Weizenähren und Tierchen sind einfach nur putzig. Es gibt übrigens auch eine Familien-Edition von Agricola, die sich für Einsteiger noch etwas besser eignet als das Original.

Reykholt

Noch etwas idyllischer geht es bei Reykholt zu, wie Agricola ein Spiel des erfolgreichen Spieleautors Uwe Rosenberg. Als isländische Gemüsebauern ziehen wir bei diesem Spiel unsere Pflänzchen in Gewächshäusern an, säen neu aus und ernten. Dabei wollen die Aktionen gut gewählt sein, denn sie sind begrenzt. Denn wie bei Agricola handelt es sich auch beim Spielmechanismus von Reykholt um ein sogenanntes „Worker Placement“. In jeder Runde setzen wir unsere (immer lächelnden) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, um passende Gewächshäuser zu erwerben, Gemüse auf dem Markt zu kaufen, daraus neues Gemüse zu ziehen, dieses zu ernten oder besondere Servicekarten zu ergattern, die Vorteile bringen. In der zweiten Phase jeder Runde kredenzt man dann sein mühsam produziertes Gemüse den Touristen, die auf Island nicht nur Vulkane sehen, sondern scheinbar auch unbedingt isländische Tomaten futtern wollen. Hat man immer zur richtigen Zeit das gewünschte Gemüse in der passenden Menge parat, rückt man mit seinem „Hofbewirtschafter“, der in Form einer Flasche (fragt mich nicht) von Tisch zu Tisch hüpft, weit vor und lässt die anderen hinter sich. Reykholt ist schnell erlernt, ein gutes Einsteigerspiel und gibt nach meinem Gefühl den Gemüsebau auf Island (nicht, dass ich da ein großer Experte wäre) in Groben Zügen auch ganz gut wieder. Vielleicht könnte man noch zufällig auftretende Geysirausbrüche in einer Erweiterung abdecken, Herr Rosenberg? Obwohl, dann wäre die Idylle ja hin.

Harvest Island

Nach Getreideanbau mit Tierhaltung und Gemüseanbau in Gewächshäusern habe ich ein drittes Spiel ausgesucht, in dem es um Obstbau geht. Es heißt Harvest Island und ist vom taiwanesischen Autor Chih-Fan Chen. Das Spiel ist sehr liebevoll illustriert und, trotz eines etwas eigenwilligen Mechanismus, einfach zu erlernen. Die Spielerinnen und Spieler sind Obstbauern auf der Insel Formosa und nehmen sich während vier Jahreszeiten verschiedene exotische Obstsorten auf dem Markt. Diese Obstkarten können sie dann von ihrer Hand unter eines ihrer Felder legen, was die Aussaat repräsentiert. Anschließend können auf ein so vorbereitetes Feld Karten der gleichen Frucht gelegt werden. Man kann dieses gesammelte Obst dann zu einem beliebigen Zeitpunkt ernten, man muss dies allerdings in der passenden Jahreszeit tun! Schnell war man zu gierig und hat mit dem Ernten zu lange gewartet. Die Erntezeit ist rum und die Punkte futsch. Für das erfolgreich geerntete Obst bekommt man am Ende Punkte. Zusätzlich bekommt man, wenn man einen neuen Ernterekord aufgestellt hat, die passende Medaille, die zum Schluss ebenfalls Punkte wert ist. Mit Dünger-Karten kann man die Menge des gesammelten Obstes pimpen und so leichter die begehrten Medaillen einsacken. Und dann gibt es da auch noch Wetter, das für Ernteeinbußen sorgen kann. Ich habe den Verdacht, dass die Mechanismen in Harvest Island etwas weiter von der tatsächlichen landwirtschaftlichen Praxis entfernt sind als bei den beiden anderen Spielen. Es ist trotzdem ein schöner Mix aus Mechanismen. Kein Überflieger, aber ein kurzweiliges und wirklich schön illustriertes Spiel.

Zum Schluss hier noch einige gute Erklärvideos zu den drei vorgestellten Spielen:

Agricola Kennerspiel: https://www.youtube.com/watch?v=o92hz-rpb4Q

Agricola Familienspiel: https://www.youtube.com/watch?v=p_SDl5stbKs

Reykholt: https://www.youtube.com/watch?v=OMry4VBH69Q

Harvest Island: https://www.youtube.com/watch?v=r-U56VuOzLc

Martin Reich

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