PAW on Tour: Ausflug in eine Pilzmyzelbrauerei

Das Fleisch der Zukunft kommt aus einer Brauerei. Und hat mit Tieren nichts am Hut. Fermentation macht´s möglich!

Veggieburger, Fleisch aus Zellkultur, Insekten: es gibt inzwischen viele alternative Proteinquellen, von denen man immer mal in der Zeitung liest und die teils heftige Debatten in Öffentlichkeit und Politik auslösen. Doch über eine der vielversprechendsten Arten der zukünftigen Lebensmittelproduktion wird immer noch wenig berichtet und gesprochen: Pilzmyzel aus dem Bioreaktor. 

Eine Weiterentwicklung der traditionellen Fermentation mithilfe neuester Bio- und Anlagentechnologie könnte es uns ermöglichen, einen großen Teil unserer Nahrung zu brauen statt schlachten zu müssen. Und von den unterschiedlichen Arten der neuen Fermentation hat eine wiederum ganz besonders viel Potenzial, unsere Ernährung zu revolutionieren: die Produktion von Pilzmyzel in Bioreaktoren. Ich durfte bei einer exklusiven Exkursion zum Pionierunternehmen Kynda dabei sein, um die Anfänge dieser Revolution mit eigenen Augen zu sehen – und zu probieren. In diesem Blogbeitrag will ich meinen Blick hinter die Kulissen mit euch teilen.

New Food aus dem Fachwerkhaus

In Lüneburg treffen wir uns am Hauptbahnhof und steigen in einen Bus vom Fahrdienst des Landes Niedersachsen und ab geht es, raus aufs platte Land (Platt wird hier übrigens tatsächlich auch noch gesprochen). Wir, das sind Mitarbeitende unterschiedlicher Ministerien und Behörden des Landes Niedersachsen und auch zwei Mitarbeiterinnen aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Und ich*. Alle sind sehr gespannt und gut gelaunt, es ist richtig tolles Wetter und irgendwie hat das alles viel von einer Klassenfahrt. Es gibt erste Gespräche mit den Sitznachbarinnen und –nachbarn. Die am Vortag verkündeten neuen Hausleitungen der Bundesministerien sind ein erstes Gesprächsthema, dann geht es aber auch schon darum, was uns gleich erwarten könnte.

Mal ein anderes Setting für New Food als Berlin Mitte: Jelmstorf in Niedersachsen.

Als wir schließlich in Jelmstorf ankommen, einem kleinen Ort im Landkreis Uelzen, entdecken wir auf einer grünen Wiese zwei graue, moderne Hallen. Doch an denen fahren wir vorbei und halten stattdessen vor einem großen, alten Fachwerkhaus. Franziskus Schnabel und Benjamin Schramm-Völkening erwarten uns schon und es werden fleißig Hände geschüttelt, bevor wir drinnen bei Kaffee und Keksen eine kleine Präsentation gezeigt bekommen, wie ich es von Besuchen bei Start-ups schon kenne. Neu für mich ist die Einbettung von Benjamins Pitch mit Zahlen und Fakten über unser Ernährungssystem und die Innovation von Kynda in diese bodenständige Szenerie mit Fachwerk und Käffchen, die mich eher an den Auftakt eines Ausflugs mit der Freiwilligen Feuerwehr erinnert (na gut, da hätte um diese Uhrzeit schon längst jemand nach einem Bier gefragt). Revolutionär kommt einem hier erst einmal gar nichts vor. Doch das ist ein Trugschluss, denn es ist genau diese Kombination von neu und alt, die das, was hier passiert, so revolutionär macht.

* Weil ich den Organisator dieser Exkursion, Tobias Riedl, von einer meiner Buchvorstellungen und anderen Veranstaltungen kenne, hat er mich eingeladen mitzukommen. Im Gegenzug habe ich zugesagt, abends einen kleinen Vortrag zu halten.

Franziskus und das Fleisch 2.0

Der führende Kopf hinter Kynda ist Franziskus Schnabel. Sowohl im Fleisch- als auch im Veggiebereich hat er bereits Unternehmen gegründet und dabei Erfahrungen mit unterschiedlichen Proteinquellen gesammelt. Am Erbsenprotein, das er für vegane Produkte genutzt hat, störte ihn so einiges. Die Erbsen kamen aus Land X und wurden in Land Y zu Proteinisolaten verarbeitet, bevor sie bei ihm landeten und in seine Rezepturen fanden. So hatte sich das Franziskus irgendwie nicht vorgestellt und, so glaubt er, auch viele Konsument:innen nicht. Er war seitdem auf der Suche nach einer besseren alternativen Proteinquelle – und fand sie schließlich. “Pilzmyzel ist das Fleisch 2.0!” schwärmt er immer wieder, während Benjamin uns die Vorteile von Produkt und Herstellung im Einzelnen präsentiert. Und ich muss ihm zustimmen. Beschrieben habe das Potenzial einzelliger Pilze schon in einem Blogbeitrag hier auf PAW (wow, der ist schon sechs Jahre alt!). Bei dieser Spielart der Fermentation werden essbare Mikroorganismen (meistens Pilze, seltener auch Bakterien) in großen Stahltanks vermehrt, geerntet und dienen als Grundlage für Lebensmittel. Es werden also nicht, wie bei der Präzisionsfermentation, tierische Zutaten mit umprogrammierten Einzellern produziert, sondern diese stellen selbst die alternative Proteinquelle dar. Das hat viele Vorteile – gegenüber Fleisch, aber auch gegenüber anderen alternativen Proteinquellen. So viele Vorteile, dass es wirklich schwerfällt, noch irgendein Argument gegen eine Umstellung zumindest eines Teils unserer Ernährung auf Pilzmyzel äääh Fleisch 2.0 zu finden.

Gehen wir sie einmal kurz durch:

  • Die Produktion von Pilzmyzel hat einen viel geringeren Flächenbedarf als die von Fleisch, bis zu 90% reduziert. Eine Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung kam zum Beispiel zu dem Schluss, dass ein Ersatz von nur 20% des konsumierten Rindfleischs durch Mykoprotein bis 2050 die globale Entwaldung stoppen und sogar umkehren könnte.

„Okay, aber was machen wir mit den Reststoffen aus der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie? Für deren nachhaltige Nutzung brauchen wir nun einmal Tiere.“

  • Der Einsatz von Reststoffen als Futter für Pilzmyzel ist absolut machbar. Pilze sind im Reich der Biologie die allergrößten Meister darin, verschiedenste Arten von Biomasse abzubauen, bis hin zu Holz. Kynda hat bereits gezeigt, dass sich unter anderem Reste aus der Herstellung von Hafer- und Sojamilch als Futter eignen, aber die Palette ist fast beliebig erweiterbar und viel breiter als das, was Tiere verwerten können. Und außerdem, hey: wer verdaut in Wiederkäuern denn eigentlich die Zellulose? Natürlich Mikroorganismen. Das kann ebenso gut in Bioreaktoren passieren.

„Aber diese pflanzlichen Alternativen schmecken einfach nicht so gut wie Fleisch, außer wenn sie hochverarbeitet und mit vielen Zutaten versehen werden.“

  • Pilze sind keine Pflanzen. Und wir werden gleich mit eigenen Augen sehen, wie das Pilzmyzel direkt nach der Ernte eine faserige Textur annimmt und einen herzhaften Umami-Geschmack hat, ganz so wie Fleisch auch.

„Na gut, aber diese Alternativen sind nicht so nahrhaft wie Fleisch. Wir brauchen nun einmal Protein mit allen wichtigen Aminosäuren, Vitamin B12 und so weiter. Mangelernährung ist auch in Industrieländern ein Thema.“

  • Steckt in Pilzen alles drin. Im Gegensatz zu den allermeisten Pflanzen ist ihr Aminosäurespektrum für uns genauso wertig, wie das von Tieren. Es gibt also keinen Nachteil, was den Nährwert betrifft. Im Gegenteil, Pilzmyzel enthält viel ungesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe – es ist besser als Fleisch. Und wo kommt Vitamin B12 ursprünglich immer her, auch das in Fleisch? Aus Mikroorganismen. Denn nur sie sind überhaupt in der Lage, es initial selbst herzustellen.

„Mh naja. Aber wir wollen doch unsere Landwirtschaft nicht noch mehr unter Druck setzen und noch mehr Wertschöpfung von den Höfen holen.“

  • Der Wandel in der Landwirtschaft passiert ohnehin bereits seit vielen Jahren, auch ganz ohne alternative Proteinquellen. Es ist also nur eine mehr oder weniger willkommene Ablenkung, gegen Alternativen aus Pflanzen, Pilzen oder auch Zellkultur zu agitieren, die ja noch gar keine nennenswerten Marktanteile haben oder erst seit kurzem. Besonders Pilzmyzel bietet sogar die Chance, durch die Aufwertung von landwirtschaftlichen Roh- und Reststoffen neue Wertschöpfung zu generieren, die den Wegfall tierischer Produkte zumindest teilweise kompensieren kann. In strukturschwachen Regionen können stillgelegte Brauereien zu Pilzmyzelbrauereien werden und so neue Arbeitsplätze bringen.

„Ich weiß nicht. Diese Sachen aus dem Labor sind mir trotzdem nicht geheuer und das ist doch auch alles technisch hochkompliziert.“

  • Ist es nicht. Im Labor werden allenfalls die Pilzstämme gezüchtet, aber das passiert auch beim Bierbrauen schon lange. Die Produktion des Myzels kann man sich genauso vorstellen wie in einer Brauerei, denn genau das ist es auch: eine Weiterentwicklung des Brauens. Technisch nicht hochkompliziert. Und wenn durch genügend Investition und Nachfrage die Skalierung gelingt, bekommen wir einen Ersatz für Fleisch mit all den oben beschriebenen Vorteilen und ganz ohne Tiere halten und schlachten zu müssen (oder zumindest viel weniger als heute) zu einem sehr wahrscheinlich günstigeren Preis. Ach, und: wenn Pilze genutzt werden, die bereits als Lebensmittel bekannt und zugelassen sind, kommt nicht einmal die Novel-Food-Verordnung zum Tragen, die so vielen Food Start-ups das Leben schwer macht.

„…“

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Falls euch trotzdem noch Punkte einfallen oder Fragen: nutzt sehr gern die Kommentarfunktion unter dem Beitrag!

Franziskus hat also nach die wahrscheinlich beste alternative Proteinquelle ausgemacht, die es momentan gibt. Nicht falsch verstehen: es kann viele verschiedene Alternativen gleichzeitig geben und das muss es sogar, weil sie sich häufig ergänzen und je nach Standort mehr oder weniger gut passen. Aber es ist schon erstaunlich, dass die bisher am wenigsten beachtete Alternative zu Fleisch das womöglich größte Potenzial birgt.

Agrarwende hautnah: aus Schweinestall wird Mikrobenlabor

Nach der einleitenden Präsi mit Kaffee und Keksen verlassen wir das große Fachwerkhaus. Franziskus zeigt auf ein weiteres nebenan und erklärt, dass dort früher ein Schweinestall drin war und nun seit einigen Jahren die Labore von Kynda. „Ich habe damals noch den letzten Schweinemist weggeräumt,“ erzählt mir Franziskus auf meine Nachfrage, wie lange der Schweinestall keiner mehr ist. Uns empfängt innen also kein Quieken, sondern stattdessen das leise Summen von Tiefkühlschränken, wie man sie aus dem Labor kennt. Ansonsten erinnert mich das ganze Setting viel eher an meine Besuche in Brauereien als an die Labore in anderen Food-Startups. Auf Regalbrettern an der Wand stehen einige einfache Chemikalien, auf den Tischen Glasgefäße und an der Decke sind die hölzernen Balken des Fachwerks zu sehen. „Hier fing alles an“, beginnt Franziskus einen kurzen Abriss der bisherigen Firmengeschichte. „Wir haben uns passendes Equipment zusammengesucht, um in kleinen Bioreaktoren mit einigen Litern Volumen die ersten Versuche zu starten.“ Und diese verliefen so gut, dass Franziskus sehr schnell das große Potenzial bewusst wurde, das hier schlummerte. Also ging man zügig in größere Volumina über, um mehr Pilzmyzel ernten und seine Eigenschaften testen zu können. So wurde der stillgelegte Schweinestall wiederbelebt und mitten auf dem platten Land entstand eine Pilzmyzelbrauerei und innovatives Food-Startup.

Easy peasy, mycelium squeezy

Wir verlassen das kleine Labor, gehen über die Straße in ein drittes Fachwerkhaus, das Teil eines alten Hofguts ist – und stehen plötzlich mitten in der Myzelbrauerei. Auch hier gibt es ein rudimentäres Labor, aber das hat wirklich nichts mit den weißen, hochreinen Laboren zu tun, in denen Präzisionsfermentation oder Zellkultur stattfindet. „Wir arbeiten in semisterilen Bedingungen,“ erklärt mir Benjamin. „Das reicht völlig aus und ist vergleichbar mit modernen Bierbrauereien. Und das ist auch kein Wunder, denn unser Prozess ist darauf ausgelegt, Lebensmittelnebenströme zu verarbeiten – genau dort wo sie entstehen, in den Fabriken“ Im hinteren Teil des Raums stehen zwei große Metallbüchsen. Es handelt sich um Bioreaktoren mit je 1000 Liter Fassungsvermögen. Und nun kommt etwas, das ich bisher bei noch keinem Besuch eines Food-Startups erlebt habe: aus den Bioreaktoren wurde kurz vorher etwa ein Liter Flüssigkeit mit Myzel in einen großen Erlmeyerkolben geerntet. Nun schüttet Franziskus vor unseren Augen den Inhalt des Kolbens in eine Art halbdurchlässige Tüte (Filtersack? Wie nennt man so etwas? Muss ich bei Gelegenheit mal nachfragen) und wringt sie mit den Händen aus, sodass nur das Myzel zurückbleibt. Dann holt er es aus der Tüte heraus und es sieht tatsächlich auf den ersten Blick aus, wie ein Stück gekochtes Hühnerbrustfilet. Also ganz einfach in Wasser gelöste Reststoffe zusammen mit Pilzkultur in den Bioreaktor geben, warten bis der Pilz alles aufgegessen und sich dolle vermehrt hat, rausholen und auswringen. Das wars. Easy peasy, mycelium squeezy. Wir dürfen reihum selbst einmal Pilzmyzel ernten und dann sammelt Benjamin alles ein, während Franziskus die vielen Fragen beantwortet, mit denen er nach dieser Vorführung bombadiert wird (habt ihr auch welche? Stellt sie einfach in den Kommentaren, ich versuche sie alle zu beantworten und falls ich das nicht kann, frage ich bei Kynda nach).

Zwei Bioreaktoren mit je 1000 Litern stellen die momentane Stufe der Skalierung dar. Bald geht es in noch größere Bioreaktoren, denn Kynda konnte sich Finanzierung für die nächsten Schritte sichern.
Franziskus hält frisch gezapftes Myzel in den Händen.
Das Myzel wird in eine Filtertüte geschüttet …
… und ordentlich ausgewrungen. Wenn man das mehrmals am Tag macht, ist man irgendwann so gut in Form wie Franziskus (Spaß).

Und dann sieht das fast trockene Myzel auch schon fast so aus wie Hühnchen! Und riecht total angenehm.

Die Verkostung: wie schmeckt Pilzmyzel aus dem Bioreaktor?

Wir gehen wieder über die Straße und zurück in das Gebäude, in dem wir zuerst waren. Und hier schließt sich auch der Kreis, denn es gibt eine kleine Küche, in der Benjamin und Franziskus nun den Gasherd anschmeißen, Öl in einer Pfanne erhitzen und das Myzel, so wie es ist, anbraten. Goldbraun und außen knusprig wird es auf Tellern herumgereicht und alle probieren. Erst pur, dann mit etwas Salz. Und es tut mir leid, dass dieser ganze Beitrag ein wenig wie ein Werbeblock klingt, aber: es hat mir wirklich gut geschmeckt. So richtig gut, sogar. Wenn man überlegt, dass man pflanzliches Protein, das für Fleischalternativen meist extrudiert wird (mehr zu ebenfalls leckeren pflanzlichen Alternativen in diesem Beitrag), geschickt würzen muss, damit es lecker schmeckt, ist das hier wirklich erstaunlich. Direkt aus dem Bioreaktor schmeckt das Pilzmyzel schon fast wie Hühnchen, erinnert mich aber tatsächlich auch an manch pflanzliche Fleischalternative. Das könnte man so wie es ist haltbar machen, verpacken und ins Kühlregal im Supermarkt legen, wenn es nach mir ginge. Leider (finde ich zumindest) ist das wohl eher nicht das Wahrscheinlichste und hier kommen wir dann doch noch zu einem Nachteil.

Wir probieren das Myzel ganz pur und dann mit ein wenig Salz. Richtig lecker.

Pilzmyzel gehört in Frischetheken und Metzgereien!

Dieser mögliche Nachteil, oder eher der möglicherweise nicht realisierte Vorteil, hat gar nichts mit dem Pilzmyzel an sich zu tun. Unsere Lebensmittelindustrie ist inzwischen einfach so sehr auf Verarbeitung ausgerichtet, dass es wohl eher verarbeitete Produkte mit Pilzmyzel geben wird als einfach das pure Pilzmyzel. Kynda selbst hat das gar nicht in der Hand, denn das Geschäftsmodell sieht es vor, bei Kunden die Bioreaktoren samt passendem Pilzstamm zu installieren, abgestimmt auf den jeweiligen Reststoff, der anfällt. Das Ergebnis der Fermentation, also das Myzel, produziert dann der Kunde selbst und entscheidet auch, was er damit tut. Und selbst, wenn Kynda auch selbst Pilzmyzel vertreiben würde, bräuchte es Abnehmer in der Lebensmittelbranche, die es unverarbeitet auf dem Markt bringen wollen. Dabei ist es genau das, was ich am coolsten fände: das Pilzmyzel so kaufen zu können, wie wir es bei Kynda probiert haben, direkt aus dem Bioreaktor. Vielleicht sogar an einer Frischetheke, wo es auch andere alternative Proteinquellen zu kaufen gibt. Nicht falsch verstehen: in verarbeiteten Produkten tierisches durch Pilzmyzel zu ersetzen oder auch pflanzliche Rezepturen damit aufzuwerten halte ich für absolut sinnvoll und da gibt es viel Potenzial. Und nicht jede Art der Verarbeitung bedeutet etwas Schlechtes. Aber ich fände es einfach schade, wo wir hier doch wirklich ein wunderbares Lebensmittel direkt aus dem Bioreaktor bekommen.

Auch Nosh.Bio aus Berlin setzt auf Pilzmyzel und hat in Sachsen eine stillgelegte Brauerei reaktiviert, die nun auf die Produktion von Kojipilz umgestellt wird (der essbare Schimmelpilz aus Asien, mit dem unter anderem Sojasauce hergestellt wird). Auf der letzten Grünen Woche konnte ich die „Koji Chunks“ probieren und die waren genauso lecker, wie das Pilzmyzel von Kynda. Ich habe Tim Fronzek, den Gründer von Nosh.Bio gefragt, ob ich das nicht auch so pur werde kaufen können oder eher nur in verarbeiteten Produkten. „Beides ist möglich,“ sagt Tim. „Unser Myzel gibt sowohl eine prima Zutat ab als auch ein potenzielles Stand-Alone-Produkt.“ Hm… also ich hoffe wirklich, dass die Chance, ein im Vergleich zu vielen pflanzlichen Alternativen relativ unverarbeitetes Lebensmittel zu bekommen, im Supermarktregal realisiert wird. Hoffnung macht mir da, dass Franziskus auch von Kooperationen mit Restaurants und Metzgereien gesprochen hat, die sehr am Myzel interessiert sind. Also darf ich vielleicht doch irgendwann mal an der Frischetheke stehen und sagen „Ach und geben Sie mir doch noch 200 Gramm Pilzhack und ein Paar von den geräucherten Myzelknackern.“

Nach dem Tasting gibt es noch eine letzte Fragerunde, bevor wir wieder im Bus zurück nach Lüneburg fahren. In einem schönen Restaurant halte ich, bevor ich mir einen leckeren veganen Burger reinziehe, noch einen kleinen Vortrag über das Potenzial von Mikroorganismen und Fermentation und spanne den Bogen noch einmal etwas weiter. Abends sitze ich dann bei einem fermentierten Hopfengetränk noch in einer Brauerei und träume vor mich hin, von einer Zukunft, in der wir einen großen Teil des Konsums tierischer Lebensmittel auf Pilzmyzel und andere fermentierte Alternativen umgestellt haben …

Danke fürs Lesen! Ein aktuelles Interview mit Franziskus Schnabel findet ihr auch hier. Falls euch das Thema Fermentation interessiert oder sogar fasziniert und ihr mehr erfahren wollt, könnte euch mein Buch „Revolution aus dem Mikrokosmos“ gefallen oder auch mein Blog Martins Mikrokosmos.

Martin Reich

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