2020: Rückblick auf unsere Aktivitäten

Auch für uns war 2020 ein…naja sagen wir „besonderes“ Jahr. Natürlich hatten wir uns nach unseren ersten erfolgreichen Aktivitäten im Januar gedanklich und auch ganz konkret schon auf weitere Veranstaltungen und Aktionen an verschiedenen Orten vorbereitet. Wie bei allen anderen auch, wurde daraus ja dann leider nichts und zwar für ein ganzes Jahr lang. Als eine Initiative, die sich online zusammengefunden hat und den Hauptteil ihrer Arbeit und Kommunikation im Internet verortet, hatten wir es jedoch leichter als die meisten anderen. Es war sogar ein ziemlich turbulentes Jahr, mit vielen neuen Gesichtern, gut besuchten Online-Veranstaltungen und medialer Aufmerksamkeit für unsere Aktionen. Aber der Reihe nach…

PAW on stage

Unser Input und unsere Sicht zu den Themen Landwirtschaft, Ernährung und Nachhaltigkeit ist auf immer mehr Veranstaltungen gefragt. Das freut uns natürlich sehr, denn dadurch können wir unsere Perspektiven und Lösungsideen bekannter machen und zur Diskussion stellen.

Gleich zweimal waren wir bei der Reihe „MerckMahl“ zur Ernährung der Zukunft dabei. Im Januar teilte sich dabei Johannes Kopton die Bühne u.a. mit Maarten Bosch, CEO von Mosa Meat, und Hubertus Paetow, dem Präsidenten der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (mehr dazu in unserem Bericht zum Januar). Im Dezember sprach dann Margareta Hellmann, die auch einen Beitrag zu Laborfleisch auf unserem Blog geschrieben hat, über die potenziellen Vor- und Nachteile dieser Zukunftstechnologie.

Im Januar durften wir als Partner bei der Farm and Food 4.0 eine Podiumsdiskussion zu Biotechnologie in der Landwirtschaft mitgestalten. Peter Breunig moderierte diese dann sogar. Mehrere Mitglieder von PAW waren anwesend und konnten im Anschluss mit vielen der Teilnehmer:innen ins Gespräch kommen.

Über eine nachhaltige Bioökonomie sprach Natalie Laibach auf einer hochrangig besetzten Veranstaltung im März in der niederländischen Botschaft (hier ist auch Interview mit ihr zu finden: “SALON Global Agriculture: Bioökonomie und Photosynthese – Impulse für die pflanzenbasierte Bioökonomie”).

Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

„Als das alles noch ging“: Algenworkshop auf der Grünen Woche

Ebenfalls über Ernährung der Zukunft ging es beim Algenworkshop auf dem Stand des Wissenschaftsjahrs Bioökonomie des BMBF auf der Internationalen Grünen Woche im Januar. Johannes Kopton und Martin Reich zeigten Besucher:innen, wie sie selbst zu Hause auf der Fensterbank essbare Algen züchten können (mehr im Beitrag zum Januar). Sogar Bundesforschungsministerin Anja Karliczek kam vorbei und ließ sich die Algenzucht erklären. Ob bei ihr zu Hause nun wohl Flaschen mit grüner Flüssigkeit blubbern?

Solche Aktionen würden wir gerne noch viel öfter machen und tatsächlich hatten wir seitdem viele Anfragen in diese Richtung. Aber hier hat sich die Corona-Situation natürlich als sehr hinderlich erwiesen. Bis Workshops vor Ort wieder möglich sind, versuchen wir durch Onlineformate möglichst viel zu kompensieren. Im Rahmen unseres Vereins Öko-Progressives Netzwerk haben wir zum Beispiel das Projekt :subkultur gestartet, in dem wir alle Biotechnologie-Begeisterten vernetzen wollen. Auch der Austausch von Infos und Starterkulturen für die eigene Algenzucht ist ein Ziel, schaut doch mal rein.

Der Algenworkshop auf der Grünen Woche kam gut an und hat vor allem auch Johannes und Martin selbst viel Spaß gemacht! (Foto: Martin Reich)

Interviews und Gespräche

Aber auch auf andere Arten waren wir aktiv, um unsere Ansichten und die Wissenschaft dahinter zu kommunizieren. David Spencer, einer unserer aktivsten Wissenschaftskommunikatoren (u.a. mit dem Podcast „Krautnah“) wurde zum Beispiel zu seiner Einstellung zur Grünen Gentechnik interviewt. Svenja Augustin nahm im Oktober an einem Gespräch mit Ursula Heinen-Esser (Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in NRW) teil, bei dem sie auch über ihre Arbeit und ihr Engagement bei PAW berichtete. Und Johannes Kopton hat auf Einladung beim Bachelorstudiengang Ökologische Landwirtschaft in Witzenhausen unsere Sicht auf die Diskussion über Grüne Gentechnik dargelegt (passend hierzu auch der Beitrag „#GMOforGood“ auf unserem Blog).

Svenja Augustin (ganz rechts im Bild) sprach zusammen mit anderen Forschenden des CEPLAS Clusters mit Ursula Heinen-Esser, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz in NRW. (Foto: CEPLAS)

PAW online

Unser Blog

Auch 2020 haben wir auf unserem Blog Artikel zu Landwirtschaft, Nachhaltigkeit, Bioökonomie und Gentechnik veröffentlicht. Hierbei haben sich auch eine Reihe neuer Autor:innen beteiligt und wir möchten uns an dieser Stelle bei Christian Kaiser, Margareta Hellmann, Martin Reich, Dominik Modrzejewski, Johannes Kopton, Robert Hoffe und David Spencer für ihre Beiträge bedanken. Das Themenspektrum reicht von der gesellschaftlichen Akzeptanz grüner Gentechnik über das Debunking von GVO-Verschwörungstheorien und einem vermeintlichen Nachweis von Genome Editing bis hin zur Ernährung der Zukunft und zu möglichen Zusammenhängen zwischen der Pandemie und Umweltschutz. Auch dieses Jahr startete wieder mit spannenden Themen, u.a. Biodiversität und Humusaufbau.

Die CRISPR-Bibliothek

Im Dezember 2019 haben wir konkrete Anwendungen von Genome Editing in Nutzpflanzen in Form eines Adventskalenders vorgestellt. Die Kalendereinträge mit den wunderschönen Illustrationen von Daria Chrobok haben wir anschließend in die CRISPR-Bibliothek überführt, in der nun jede und jeder nachschlagen kann. Man erfährt u.a., welche Pflanzenarten mit welchen Eigenschaften ausgestattet wurden und in welchen Ländern diese Forschung und Entwicklung stattfand.

GASB meets PAW – unsere erste eigene Veranstaltungsreihe

Auch unsere erste eigene Online-Diskussionsreihe haben wir 2020 durchgeführt, in Kooperation mit der German Association for Synthetic Biology (GASB). Dabei standen die thematischen Schnittmengen unserer beiden Vereine im Fokus: Nachhaltigkeit und synthetische Biologe. In der ersten Episode im August ging es gleich ans Eingemachte, nämlich über die Vereinbarkeit von Biotechnologie mit nachhaltiger Ernährung und Landwirtschaft. Nach spannenden Kurzvorträgen von jeweils einem Mitglied der beiden Vereine (René Inckemann, GASB und Natalie Laibach, PAW) fand ein reger Austausch mit unterschiedlichen Ansichten statt.

Beim zweiten Teil ging es dann um Pflanzenzüchtung und auch hier konnten wir wieder großes Interesse wecken und Diskussionen über die Veranstaltung selbst hinaus stimulieren. Als Redner konnten wir mit David Spencer (PAW und RWTH Aachen), Jon Falk (Geschäftsführer SAATEN-UNION Biotec GmbH) und Thomas Gäbert (Vorstandsmitglied der Agrargenossenschaft Trebbin eG) echte Experten auf ihren Gebieten gewinnen, die den gesamten Weg einer neuen Pflanzensorte aus der Forschung über die Züchtung bis auf´s Feld abbilden konnten.

Der dritte Teil widmete sich dann der großen Frage, ob eine in zwei Systeme getrennte Landwirtschaft wirklich zu mehr Nachhaltigkeit führen kann. Oder gibt es Wege zwischen dem heutigen Konvi und Bio? Auch hier setzten wir bei unseren Gästen wieder auf eine Kombination aus Praxis und Theorie – und zwar in allen Fällen in Personalunion: Jana Gäbert (Biodiversitäts-Beauftragte der Agrargenossenschaft Trebbin eG), Theresa Kunick (Landwirtschaft-Studentin an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und aufgewachsen auf einem Bio-Betrieb) und (Peter Breunig, selbst Landwirt und Professor für Marktlehre an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf).

Unser Ziel war es bei GASBmeetsPAW vor allem, ein sehr offenes und partizipatives Format auszuprobieren, mit möglichst wenig frontalem Input. Die Moderation der Reihe (Svenja Augustin, Margareta Hellmann, Christian Kaiser, Laura Redzich) war dadurch sehr gefordert, um möglichst alle Fragen des Publikums an die Redner:innen zu stellen und die Diskussion zwischen Teilnehmer:innen anzuregen und zu leiten. Insgesamt haben wir viel gutes Feedback für dieses Format bekommen und wollen uns zukünftig weiter in diese Richtung entwickeln. Unter den Links hier im Text findet ihr nicht nur eine Videoaufzeichnung jedes Teils, sondern auch schriftliche Antworten auf vom Publikum gestellte Fragen.

Unsere nächste Trilogie dieser Reihe findet als GASBmeetsÖkoprog statt, da die Themen sich etwas mehr im Spektrum Nachhaltigkeit und Bioökonomie befinden werden. Für die erste Episode kann man sich auch schon anmelden.

Der Wissenschaft eine Stimme geben: Offene Briefe an die Politik

Wissenschaftskommunikation findet nicht nur an der Schnittstelle Wissenschaft/Gesellschaft, sondern auch an der Schnittstelle Wissenschaft/Politik statt. Um gute Politik machen zu können, sollte der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand in politische Prozesse einfließen. Dies kann zum Beispiel in Form von Offenen Briefen geschehen. An zwei solcher Botschaften aus dem Wissenschafts- an den Politikbetrieb haben wir im letzten Jahr mitgewirkt.

Offener Brief an Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann

Beim ersten handelte es sich um einen Offenen Brief an Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der ein Forschungsförderungsprogramm seiner Parteikollegin und Wissenschaftsministerin Theresia Bauer zu Genome Editing in Pflanzen stoppte. Das Programm war transdisziplinär angelegt und sollte unter anderem wichtige Fragen zu Technikfolgenabschätzung und Ethik beleuchten. Außerdem richtete sich das Programm nicht nur an staatliche Hochschulen explizit auch an Umweltverbände als Projektpartner. Über 120 Unterzeichnende aus der Wissenschaft, darunter zahlreiche Professor:innen, richteten sich daraufhin mit einem Appell an den Ministerpräsidenten, in dem sie forderten, „das geplante Forschungsprogramm auszuschreiben und in dessen Rahmen, weitere Erkenntnisse über Potentiale und mögliche Risiken der neuen Züchtungsmethoden zu gewinnen.“ Bis heute blieb eine Antwort des Ministerpräsidenten leider aus.

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

aus der Presse haben wir erfahren, dass das vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium geplante Forschungsprogramm zu Genome Editing an Pflanzen zurückgenommen wurde [1]. Diese Entscheidung hat uns irritiert und besorgt. (…)“

Aus dem Offenen Brief aus der Wissenschaft zum ​Forschungsprogramm​ Genome Editing an Ministerpräsident Winfried Kretschmann. 29. Juli 2020

Offener Brief an Bündnis90 / Die Grünen

Der zweite Offene Brief richtete sich an die Mitglieder von Bündnis90/ Die Grünen, anlässlich ihres Parteitags zum neuen Grundsatzprogramm. Darin baten über 150 Wissenschaftler:innen darum, sich einem faktenbasierten Blick auf den Umgang mit neuen, gentechnischen Züchtungstechnologien nicht zu verschließen. Dieser Brief rief eine breite, für unsere junge Initiative noch etwas ungewohnte, mediale Reaktion hervor. Auch in der Politik wurde darauf Bezug genommen. Eine Zusammenfassung des Medienechos findet sich hier.

PAW in den Medien

In einer Reihe von Portraits und Interviews wurde über mehrere unserer Mitglieder und unsere Initiative berichtet (eine Zusammenstellung findet ihr hier). Als junge und progressiv eingestellte Initiative, die laut, aber konstruktiv für wissenschaftsbasierte Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz eintritt, scheinen wir eine Lücke in der bestehenden zivilgesellschaftlichen Landschaft zu füllen. Vor allem unsere Aktionen am Schnittpunkt Wissenschaft/Politik haben Aufsehen erregt. Wir freuen und natürlich sehr, dass unser Engagement einen solchen Anklang findet.

Ausblick

Was wird 2021 bringen? Wo kann sich die Progressive Agrarwende einbringen, mitdiskutieren und selbst gestalten?

Wir haben jedenfalls noch sehr viel in der Ideen-Pipeline und – ohne zu viel verraten zu wollen – hier einige Themen, mit denen wir uns bei PAW demnächst näher und aktiver beschäftigen wollen:

  • Konkrete Maßnahmen und Anbauformen zwischen Konvi und Bio (nachhaltige Intensivierung, Ökologisierung, Agroforst, Permakultur …)
  • Sozioökonomische Probleme nationaler und internationaler Landwirtschaft (z. B. der Einfluss von Monopolisierung und bestimmter Geschäftsmodelle auf Nachhaltigkeit, ökonomische Gerechtigkeit und Ökologie)
  • Öffentliche Akzeptanz für Feldversuche in Deutschland zu Forschungszwecken mit Nutzpflanzen, die mit Genome Editing gezüchtet wurden
  • Praktische und effektive Wege, um Biodiversität in der Landwirtschaft zu fördern

Und ihr müsst uns dabei helfen! Lasst uns wissen, was ihr von unserer Arbeit haltet, diskutiert mit uns und bringt euch selbst ein. Wir sind offen für alle, die konstruktiv zum Dialog über die Landwirtschaft der Zukunft beitragen möchten.

Allem voran hoffen wir aber, dass die Pandemie nun schnell vorübergeht und sind in Gedanken bei all jenen, die durch ihre Folgen in ihrer beruflichen Existenz bedroht oder gesundheitlich betroffen sind oder gar einen Menschen verloren haben.

Bleibt gesund,

Euer PAW-Team

Martin Reich
Svenja Augustin
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